Heimat-Jahrbuch 2003

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Ewige Flamme der Hitlerjugend am Rhein

Die Kaiserpfalz in Kaiserswerth erhielt neue nationale Aufgabe im Oktober 1933

Die Pläne für die Ewige Flamme am Rhein der HJ müssen recht schnell nach der Machtergreifung in Angriff genommen worden sein. Die Ewige Flamme hatte als Schlageterflamme einen nationalsozialistischen Namenspatron. Schlageter war 1923 auf der Golzheimer Heide erschossen worden. Heute befindet sich auf diesem Gebiet der Nordfriedhof. An der Hinrichtungsstelle war eine Schlagetergedenkstätte mit einem großen Kreuz errichtet worden, das 1931 von der Schwerindustrie und nationalsozialistischen Kreisen gestiftete Schlageterkreuz. Dies war von den Nationalsozialisten zum Nationaldenkmal erhoben worden. Dieses Kreuz stand bis 1946. An der Stelle des Kreuzes errichtete man ein anderes Denkmal, die Drei Nornen. Schlageter spielte im nationalsozialistischen Gedenk- und Feierkalender eine wichtige Rolle. Daher fanden alle Schlagetergedenkfeiern sowohl aus Gründen des Tatortes seiner Hinrichtung sowie aus Platzgründen für die Massenaufgebote von HJ und SA auf der Golzheimer Heide statt. Das SA-Heim in Düsseldorf an der Haroldstraße 26 trug ebenfalls den Namen Schlageters. Schlageters Verbindung zu Kaiserswerth scheint wohl darin zu liegen, daß er am 14.3.1923 im Kaiserswerther „Hotel-Restaurant zum Kreuzberg“ wohnte. Dies belegt eine Ansichtskarte der Platowschen Kunstanstalt.

Am 1. Oktober 1933 kündigen die Düsseldorfer Nachrichten die Einweihung der Ewigen Flamme durch den Reichsjugendführer Baldur von Schirach zum ersten Mal für den 13. Oktober 1933 an. Die Lokalseiten informieren fortlaufend über den Bau und die Gestaltung der Schlageterflamme der HJ. Hiermit erhält die Kaiserpfalz ihre nationale Aufgabe im Dritten Reich zugewiesen. Grundlage für die Opferflammenplattform bilden Quadersteine, die den Fluten des Rheins entrissen werden. Seit der französischen Beschießung der Pfalz im spanischen Erbfolgekrieg von 1702 lagen diese Steine vor der Pfalz im Rhein. Der Kaiserswerther Bildhauer Lohf wird mit der Gestaltung der Opferschale für die Ewige Flamme beauftragt.

Die Düsseldorfer Nachrichten weisen in ihrem Bericht vom 1. Oktober 1933 unter der Überschrift „Die unauslöschliche Flamme zu Kaiserswerth“ auf die Errichtung der Ehrenstätte hin und kündigen die Einweihung für den 11. Oktober an: „Am 11. Oktober wird die Hitlerjugend das dem Gedenken Albert Leo Schlageters geweihte Ehrenmal in der Barbarossapfalz in Kaiserswerth einweihen und die in diesem Mal verbundene unauslöschliche Flamme zum Zeichen treuester Verbundenheit der deutschen Jugend mit dem Helden von Rhein und Ruhr feierlich entzünden. An der Feier nimmt der Reichsjugendführer Baldur von Schirach teil, der den großen Aufmarsch der Hitlerjugend abnehmen wird.“ Die Vereinnahmung des Erntedankfestes durch die Nationalsozialisten bezog auch die Kaiserpfalz mit ein: „Das von den Ortsgruppen Kaiserswerth und Lohausen gemeinsam veranstaltete Erntedankfest war ein voller Erfolg. Am Morgen war in allen Gotteshäusern feierlicher Erntedankgottesdienst. Gegen 12.30 Uhr setzte eine wahre Völkerwanderung nach der großen Wiese an der Clemensbrücke ein. Hier grüßte von hoher Stange ein mächtiger Erntekranz, geziert mit lustig im Winde wehenden bunten Bändern. Aus Eintopfgründen konnte der Ochse am Spieß nicht gebraten werden. Dafür stand man Schlange am Erbsensuppenkochtopf. Unter dem Erntekranz führte die Jugend Erntetänze auf. Nachmittags zog ein imposanter Festzug durch die Straßen. Gegen Abend wurde unter Beteiligung sämtlicher Vereine ein großer Fackelzug veranstaltet, der an der Burgruine endete. Hier ergriff der Führer der Kreisbauernschaft, Rudolf Kreuzer (Zeppenheim), das Wort. Er sprach seine Freude darüber aus, daß in diesem Jahre zum ersten Mal der Bauer wieder auf den Platz gestellt worden sei, der ihm infolge seiner für das Volksganze so wichtigen Tätigkeit gebühre. Dreifaches Sieg Heil auf den Volkskanzler und das Horst-Wessels-Lied beendeten die eindrucksvolle Kundgebung. Daraufhin begab sich alles zum Rheinufer zur Besichtigung des Feuerwerks.“ (Düsseldorfer Nachrichten, 2. Oktober 1933)

Am 4. Oktober 1933 berichteten die Düsseldorfer Nachrichten vom „Bau der Opferschale auf der Kaiserpfalz“. Der Kunstbildhauer Lohf aus Kaiserswerth wurde mit der Gestaltung der Opferschale beauftragt. „Als Material für den Aufbau dienen schwere Quadersteine, die bei der Zerstörung der Kaiserpfalz im Strombett des Rheins versanken.“ Am 7. Oktober wird unter der Überschrift „Baldur von Schirach weiht das Ehrenmal deutscher Jugend“ die Einweihung auf den 13. Oktober verlegt. Mit einem in der Mitte der Lokalseite plazierten Dreispalter und mit einem zweispaltigen Bild, das den Bau des Sockels für die Opferschale zeigt, wird die Bevölkerung auf den großen Festakt eingestimmt. Am 12. Oktober bereitet der Lokalteil imposant auf die am folgenden Tag stattfindende Einweihung des Ehrenmals hin. Unter der Überschrift „Das Symbol. Kaiser Rotbarts Burg in der Geschichte“ schreibt der Archivdirektor Prof. Dr. Wentzcke einen längeren Artikel, der etwas mehr als ein Viertel der Seite einnimmt, über die Bedeutung der Kaiserpfalz. Zum Abschluß seines Artikels wird die Bedeutung der HJ-Gedenkstätte betont: „Wer heute die breiten Stufen der Treppe emporsteigt, die ehedem vom Portal zu den Wohngemächern führte, sieht an den Wänden die Ehrentafel von 21 jungen Helden, die ihr Leben im Kampfe um Deutschlands Erhebung ließen. An höchster Stelle der trutzigen Ruine wird bei feierlichen Anlässen nächstens eine Flamme emporlodern, um die Kunde deutschen Heldentums in die Lande zu tragen. Vom Stumpf des Klevischen Turms herab wallt die Fahne der Hitlerjugend. Ihr soll das mächtige, dunkle Gemäuer, das sich in den Fluten des Rheines spiegelt, ein Symbol sein deutscher Geschichte, deutschen Kampfes und des Reiches Einheit und Größe von den stolzen Tagen Barbarossas über die Zeit tiefer Erniedrigung bis in unsere Tage, da sich deutsche Urkraft wieder erhebt, um ein neues Deutschland würdig seiner großen Vergangenheit zu schaffen. Ebenso reckenhaft und stark soll es werden wie Kaiser Rotbarts wuchtige Burg, deren starker Kern trotz allem Anstürmen der Feinde immer noch machtvoll emporragt. So wird sich die Erinnerung an des deutschen Mittelalters stolzeste Zeit mit jungem Heldentum vermählen.“ Die Mitte der Seite nimmt ein zweispaltiger Rahmen ein, der neben einem Bild der Barbarossapfalz die drei Grußadressen des Gauleiters Friedrich Karl Florian (Preußischer Staatsrat), des Regierungspräsidenten Schmid und des Oberbürgermeisters Dr. Wagenführ enthält. Am Tag der Einweihung, dem 13. Oktober, wird das Ehrenmal auf der Lokalseite noch einmal durch einen ganzseitigen Zweispalter, der mit „Der Tag von Kaiserswerth“ überschrieben ist, in den Vordergrund gestellt. Ein Bild des Reichsjugendführers und eine Zeichnung der Flamme rücken das Ereignis auch optisch ins Blickfeld des Lesers. Das Motto lautet: „Heilige Flamme glüh, glüh und erlösche nie für’s Vaterland!“


„Von der Zinne leuchtet die Schlageterflamme weit ins deutsche Land. Die Ruine ist heute das Ehrenmal der Hitler-Jugend. Auf dem Treppenaufgang zur ewigen Flamme sind die Gedenktafeln der einundzwanzig im Kampf für den Führer und Deutschlands Erneuerung gefallenen Hitler-Jungen angebracht.“
(Reiseführer Düsseldorf und seine nähere Umgebung, 1. Auflage 1937, Droste-Verlag, Düsseldorf)


Wallfahrtsort der Hitlerjugend
Am 14. Oktober 1933 schafft es „Die Deutsche Flamme in Kaiserswerth“ auf die Titelseite der Morgen-Ausgabe des Hauptteils der Düsseldorfer Nachrichten. Optisch auffällig plaziert mit einem Bild, das Baldur von Schirach bei der Entzündung der Flamme zeigt, wird die Einweihung nur von dem außenpolitischen Erfolg „Isolierung Deutschlands gescheitert“ auf den unteren Teil der Titelseite verdrängt. Die Lokalseite berichtet unter der Überschrift „Nun lodert das ewige Feuer. Kaiserswerth, Wallfahrtsort der Hitlerjugend. Der Reichsjugendführer weiht die Kaiserpfalz zur Hitlerjugend-Gedenkstätte. Entzündung des Schlageter-Fanals.“ zweispaltig über das Ereignis. Die „Volksparole. Düsseldorfer Stadt-Anzeiger“, das eigentliche NS-Organ in Düsseldorf, informiert ebenfalls Anfang Oktober 1933 in einer Kurzmeldung im Lokalteil über die „Entzündung der Schlageterflamme am 11. Oktober“: „Am 11. Oktober wird die Hitlerjugend das dem Gedenken Albert Leo Schlageters geweihte Ehrenmal in der Barbarossapfalz in Kaiserswerth einweihen und die mit diesem Mal verbundene unauslöschliche Flamme zum Zeichen treuester Verbundenheit der deutschen Jugend mit dem Helden von Rhein und Ruhr feierlich entzünden. An der Feier nimmt der Reichsjugendführer Baldur von Schirach teil, der den großen Aufmarsch der Hitlerjugend abnehmen wird.“ Die Volksparole enthält als Beilage das Mitteilungsblatt der Hitler-Jugend/Gebiet Ruhr-Niederrhein „Kampf der Jugend“. Hier wird ebenfalls unter der Überschrift „Kaiserswerth“ auf die Einweihung der Gedenkstätte in einem dreiviertelseitigen Einspalter hingewiesen.

Am 13. Oktober kündigt das HJ-Mitteilungsblatt ganzseitig in mehreren Artikeln die Einweihung an. Ein Artikel (ganzseitig/Einspalter) beschäftigt sich mit einem geschichtlichen Rückblick mit der Kaiserpfalz. Auch hier wird auf die neue Bedeutung unter Wahrung der Tradition der Pfalz hingewiesen: „Den würdigsten Schmuck wird die Kaiserburg durch Anbringung der Erinnerungstafeln an die gesamtdeutsche Hitlerjugend erhalten. In rotem Glanz leuchtet allnächtlich die Erinnerungsflamme zur Golzheimer Heide hinüber, wo das hochragende Kreuz das Gedächtnis an die Helden des Ruhrkampfes, in erster Reihe an Albert Leo Schlageter, festhält, der als letzter Soldat des Weltkrieges der erste des Dritten Reiches wurde.“ Der Hauptartikel zeigt das Bild „Die Flammenschale auf wuchtigen Quadern“ und die dick eingerahmte Ehrentafel der 21 HJ-Mitglieder. Ein weiteres Bild zeigt die „Barbarossapfalz in Kaiserswerth“ und dort im Hintergrund die zwei mächtigen Türme der Suitbertus-Basilika. Außerdem wird die „Kundgebungs-Folge“ abgedruckt. Die Titelseite des Hauptteils der Volksparole berichtet am 14. Oktober 1933 mit einem dreispaltigen Bild „Kaiserswerther Schlageter-Flamme entzündet“. Das HJ-Mitteilungsblatt informiert wieder ganzseitig über die Einweihung unter der Überschrift: „ ,Leuchte uns, läutere uns, Schlageter-Flamme!“ ‘ Weihe der Ehrenstätte der Hitler-Jugend. Feierliche Entzündung der Schlageter-Flamme in der Barbarossapfalz zu Kaiserswerth durch Baldur von Schirach.“ Das eine Bild auf dieser Seite zeigt den Reichsjugendführer im Porträt, das andere zeigt Pimpfe vor einem Straßenbahnzug bei ihrer Ankunft in Kaiserswerth.

Am 9. November wird das Ehrenmal zum ersten Mal für eine öffentliche Feier zur Ehrung der Gefallenen des 9. November 1923 genutzt. Die Hauptfeier für Düsseldorf fand im Ehrenhof am Rhein statt. Die Düsseldorfer Nachrichten berichten: „Am Donnerstagnachmittag trat eine Gefolgschaft der Düsseldorfer HJ im Innenhof der Barbarossapfalz Kaiserswerth, die kürzlich vom Reichsjugendführer zur Ehrenstätte geweiht wurde, zu einer Ehrung der Toten an. Der Führer des Oberbannes der HJ Düsseldorf, Bannführer Obst, legte im Auftrag der HJ und des HJ-Bannes Düsseldorf einen Kranz nieder. In einer kurzen Ansprache gedachte Bannführer Obst der Toten des 9. November 1923, die als leuchtendes Vorbild härtester Pflichterfüllung im Kampf für Deutschlands Erneuerung und Größe gefallen sind.“ Die Nutzung der Ehrenstätte belegt die Eintrittkarte für die „Kaiserpfalz mit Schlageter-Flamme zu Düsseldorf-Kaiserswerth“ im Wert von 10 Pfennigen. Zwei Aufnahmen Martin Knauers zeigen Sudetendeutsche Kinder, die mit dem NSV in Düsseldorf zu Besuch waren, bei der Besichtigung der Kaiserpfalz am 9.3.1939. Des weiteren zeigen zahlreiche Ansichtskarten sowie Pressefotos des HJ-Ehrenmals im Stadtarchiv deutlich die Bedeutung und den hohen reichsweiten Bekanntheitsgrad dieser HJ-Gedenkstätte in Kaiserswerth.

Der Besucher Kaiserswerths, der mit der Straßenbahnlinie 11 am heutigen Klemensplatz ausstieg, wurde schon dort auf das HJ-Ehrenmal mit dem HJ-Trommlerjungen eingestimmt. Heute befindet sich auf dem Fundament eine unscheinbare Figur mit Kugel, die in keiner Weise auf diesen Vorläufer hinweist. Die vierbändige Stadtgeschichte Düsseldorf von 1989 geht nur mit folgendem Satz auf die Vereinnahmung der Kaiserpfalz durch die Nationalsozialisten ein: „Schließlich besetzten die Nationalsozialisten im Zuge der Feierlichkeiten Geschichte und Traditionen symbolisierende Orte der Stadt: vor allem die Pfalz in Kaiserswerth, das Denkmal von 1931 auf der Golzheimer Heide und den Rhein als ,Schicksalsstrom’.“

Bernhard Stamm